ÜBERLEBEN IN SARAJEWO

Eine Wanderaustellung von Centropa,
Edward Serotta und dem Zentralrat
der Juden in Deutschland

Wie Juden, bosnische Muslime, serbische Orthodoxe, und
kroatische Katholiken während des Bosnienkriegs
(1992-1995) zusammenarbeiteten

In diesem europäischen Krieg waren nicht Juden die Opfer. In diesem europäischen Krieg retteten Juden und ihre Nachbarn die Stadt die sie liebten.

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Die Ausstellung

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DIESE CENTROPA AUSSTELLUNG WURDE FINANZIERT VON:

Bildnachweise für historische Fotos und Archivaufnahmen siehe unten.

Alle Fotos zwischen 1985 und 1996 wurden von Edward Serotta im Auftrag von Time Magazine, Süddeutsche Zeitung und Die Zeit gemacht. Alle Aufnahmen erschienen in Edward Serottas Buch Überleben in Sarajevo – „La Benevolencija“: Wie eine Jüdische Gemeinde zum Zentrum der Hilfe und Hoffnung für die Bewohner ihrer Stadt wurde, herausgegeben 1994 vom Brandstätter Verlag, Wien.

Bildnachweis Archivmaterial:
Jüdisches Museum Bosnien und Herzegowina
Jüdisches Museum Serbien
Sammlung Gérard Levy, Paris
Familiensammlung von Hana Gasic
Jüdisches Museum Wien
Sammlung von Bill Gross, Tel Aviv
Holocaust-Gedenkzentrum Mazedonien
Fama International

Aus Gründen der einfacheren Lesbarkeit und Verständlichkeit umfassen die in der Ausstellung verwendeten personenbezogenen Bezeichnungen (wie z.B. Helfer etc.) Männer und Frauen gleichermaßen. Jegliche Formulierungen und Bezeichnungen (soweit sie nicht ausdrücklich auf„Mann“ oder „Frau“ lauten) sind als geschlechtsneutral zu verstehen.

Bmuk
Einführung

ÜBER DIESE AUSSTELLUNG

Vor dem Krieg von 1992-1995 war Sarajewo ein Schmelztiegel der Kulturen - Juden, bosniakische Muslime, Serbisch-Orthodoxe und kroatische Katholiken lebten Tür an Tür. Noch heute findet man eine serbischorthodoxe Kirche, eine katholische Kathed- rale, mehrere Moscheen und eine Synagoge nur wenige Meter voneinander entfernt.

Als die bosnischen Serben die Stadt im April 1992 belagerten, flohen viele Bürger. Viele andere waren jedoch davon überzeugt, dass ein Zusammenleben verschiedener Ethnien und Religionen noch möglich war.

Die kleine jüdische Gemeinde beschloss, zusammen mit ihrer humanitären Hilfsorganisation „La Benevolencija“, dass sie in dem Konflikt nicht Partei ergreifen konnte und wollte. Schließlich lebten die bosnischen Juden schon seit Hunderten von Jahren in dieser Region und kamen im Großen und Ganzen mit allen Nachbarn gut aus.

Aus Respekt vor „La Benevolencija“ und der überkonfessionellen Rolle, die sie auch heute noch spielt, versucht diese Ausstel- lung so unpolitisch wie möglich zu sein, und konzentriert sich in erster Linie auf die Geschichte der Juden in Sarajewo und auf das, was sie und ihre nichtjüdischen Nach- barn während des Krieges von 1992 bis 1995 für ihre Stadt getan haben.

Diese Ausstellung befasst sich also nicht nur mit der jüdischen Geschichte Sarajewos, sondern versucht zu zeigen, wie die Zivilgesellschaft selbst in den düstersten Zeiten funktionieren kann.

SARAJEWO

Sarajewo ist mit seinen rund 300.000 Einwohnern ein wenig größer als Graz. Die Stadt blühte Ende des 15. Jahrhunderts unter osmanischer Herrschaft auf und entwickelte sich schnell zu einem multikulturellen Zentrum. Wie die Karte zeigt, erstreckt sich Sarajewo entlang des Miljacka-Flusses und ist auf allen Seiten von steil ansteigenden Hügeln umgeben.

Diese geographische Lage wurde während der Belagerung der Stadt von 1992–1995 zu einem großen Problem für deren Einwohner: die Hügel wurden zu einer idealen Position für Artillerie und Heckenschützen und zur Hölle für jene, die in der Stadt darunter lebten.

Die Bewohner waren eingekesselt und duften auch die Start- und Landebahn des Flughafens nicht überqueren, um jenes kleine Stück Land zu erreichen, das ins bosnische Territorium führte. Als der Krieg ausbrach, stand der Flughafen unter der Kontrolle der jugoslawischen Armee (JNA), die rund 30.000 Leute aus der belagerten Stadt evakuierte. Später wurde der Flug- hafen von bosnisch-serbischen Milizen kontrolliert, die im Juni 1992 wiederum die Kontrolle an die UNO abgaben. In Verhandlungen mit dem befehlshabenden General der bosnischen Serben, Ratko Mladić, erreichte die UNO, dass der Flughafen für humanitäre Hilfslieferungen offen blieb. So wurden in 13.000 Flügen mehr als 160.000 Tonnen internationale Hilfsgüter in das belagerte Sarajewo geliefert – die größte humanitäre Hilfsaktion in der Geschichte der UNO. Jedoch stimmte die UNO bei den Verhandlungen General Mladićs Forderung zu, dass kein Bosnier in die Nähe des Flughafens kommen dürfe. Viele versuchten dennoch die Flughafenlandebahn zu überqueren um ins bosnische Territorium zu kommen. Nachdem hunderte Bosnier bei diesem Versuch ums Leben kamen, gruben kühne Bürger einfach einen Tunnel darunter.

Heute ist diesem Tunnel ein Museum gewidmet: das„Tunnel-Museum“, das in jenem Haus untergebracht ist, in dem sich der originale Eingang und ein Stück des Tunnels von 20 Metern Länge befinden.

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Diese Karte (erstellt von Fama Inter­national) illustriert die Belagerung Sarajewos von 1992 bis 1995, und zeigt u.a. die bosnisch­serbischen Geschützstellungen.

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La Benevolencija

„La Benevolencija“ ist der Name der humanitären Hilfsorganisation der jüdischen Gemeinde Sarajewos. „Benevolencija“ ist das judeo-spanische Wort für „guter Wille“.

Gegründet wurde „La Benevolencija“ im Jahre 1892, um der jüdischen und nichtjüdischen Bevölkerung zu helfen. Zu Beginn wollte man hauptsächlich arme und sozial benachteiligte Menschen unterstützen; später konzentrierte man sich auch darauf, talentierten Studenten durch Stipendien zu helfen, kulturelle Veranstaltungen zu fördern und Traditionen der jüdischen Kultur zu bewahren.

Als allerdings während des 2. Weltkriegs die Wehrmacht nach Sarajewo vorstieß, musste „La Benevolencija“ sämtliche Aktivitäten einstellen; alle Einrichtungen, auch die große Bibliothek, wurden geplündert und zerstört.

Erst 1991 wurde „La Benevolencija“ neu gegründet. Bereits ein Jahr später, als die Belagerung Sarajewos begann, war die Hilfe der Organisation dringend notwendig. Wie hundert Jahre zuvor wollte man auch diesmal allen Menschen helfen, ohne Rücksicht auf nationale Zugehörigkeit oder Religion.

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GESCHICHTE 1492-1914

GESCHICHTE

Sarajewo wurde in der Frühphase der osmanischen Herrschaft um 1460 gegründet. Die ersten dort ansässigen Juden stammten von jenen Juden ab, die 1492 aus Spanien vertrieben worden waren. Die sephardischen Juden (Sefarad bedeutet „Iberien“ in hebräischer Sprache) siedelten sich Mitte des 16. Jahrhunderts nicht nur in Sarajewo an, sondern von Split an der Adriaküste bis nach Saloniki an der ägäischen Küste.

Sie brachten jene Handwerke mit in den Balkan, die sie in Spanien über Jahrhunderte entwickelt hatten. Sie waren Schmiede und Ledergerber, Mediziner und handelten mit Glas, Textilien und Fellen. Sephardische Juden identifizierten sich stolz mit ihrer spanischen Heimat: in ihrer Kleidung, den spanischen Liedern und in ihrer Sprache, dem Judeo-Español (Ladino).

Mit der Expansion des osmanischen Reichs bis zum Ende des 17. Jahrhunderts blühten auch die jüdischen Gemeinden auf. Aber mit dem Abstieg des osmanischen Reichs verarmten auch viele Juden auf dem Balkan.

Juden waren jedoch – anders als in Nordeuropa – nie gezwungen, in Ghettos zu leben, und es gab keine Pogrome.

1878 brach die osmanische Herrschaft auf dem Balkan zum großen Teil zusammen. Auf dem Berliner Kongress wurden die osmanischen Provinzen Bosnien und Herzegowina unter österreichisch-ungarische Verwaltung gestellt. Die Bevölkerung setzte sich aus je zirka 40% orthodoxen Serben und Muslimen, 18% katholischen Kroaten und weniger als 1% Juden zusammen. In der Vielvölkerstadt Sarajevo jedoch betrug der Anteil der jüdischen Bevölkerung ca. 10%.

Der Islam wurde als gleichberechtigte Religion staatlich anerkannt, und Österreich-Ungarn war zu Beginn des 20. Jahrhunderts der einzige christlich dominierte Staat, der gesetzlich geregelte Beziehungen zu einer muslimischen Glaubensgemeinschaft un- terhielt, muslimischen Religionsunterricht an den Schulen zuließ und Militär-Imame in der k. und k. Armee unterhielt.

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Innenhof des Kal Viejo (Alten Tempels). Die Synagoge wurde im 16. Jahrhundert erbaut. Von der Wehrmacht und der kroatischen Ustasha 1941 stark beschä- digt, beherbergt sie heute das Jüdische Museum Sarajewos.
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Die 1902 im maurischen Stil erbaute Synagoge ist heute das einzig verblie- bene jüdische Gebetshaus Sarajewos. Sie wurde von aschkenasischen Juden errichtet, die nach der österreichischen Besatzung Bosnien-Herzegowinas im Jahr 1878 hierherzogen.
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Mitglieder der jüdischen Gemeinde Sarajewos in traditioneller Tracht warten auf die Ankunft des österrei- chischen Kaisers Franz Josef, der die Stadt 1908 besuchte.

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GESCHICHTE 1918-1945
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Bilder eines jüdischen Sommercamps in Jugoslawien während der Zwischenkriegszeit.

Vor dem zweiten Weltkrieg

Mit dem Ende des 1. Weltkriegs im Herbst 1918 brach die österreichisch-ungarische Doppelmonarchie zusammen. Das König- reich Serbien vereinigte sich mit dem in den südslawischen Gebieten Österreich- Ungarns entstandenen Staat der Slowenen, Kroaten und Serben (SHS) zum Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen, dem späteren Königreich Jugoslawien. Sarajewo wurde Teil dieses Königreiches, das die heu- tigen Staaten Slowenien, Kroatien, Bosnien und Herzegowina, Serbien, Montenegro, Kosovo und Mazedonien umfasste. (Die Gebiete südöstlich von Triest sowie Istrien, heute Teile Sloweniens und Kroatiens, wurden hingegen Teil Italiens.)

Zweiter Weltkrieg

Anfang 1941 lebten rund 75.000 Juden im Königreich Jugoslawien. Im März 1941 fielen deutsche Truppen in Jugoslawien ein, das daraufhin zwischen Ungarn, Italien, Bulgarien und Deutschland aufgeteilt wurde. Kroatien wurde ein eigener, faschis- tischer Marionettenstaat unter der Führung der totalitären Ustasha-Bewegung. Etwa drei Viertel der Juden Jugoslawiens wurden ermordet durch Exekutionskommandos, Gaswagen oder Deportationen in kroatisch geführte Konzentrationslager bzw. Nazi- Konzentrationslager im deutschbesetzten Polen. Von den 8.000–10.000 Juden, die vor dem Krieg in Sarajewo lebten, kehrten weniger als 2.000 lebend zurück.

Während des Zweiten Weltkriegs bildete sich in Jugoslawien unter der Führung von Josip Tito eine Partisanenbewegung, die gegen die nationalsozialistische Besatzungsmacht und die kroatisch- faschistische Ustasha kämpfte. Zwischen 2.000 und 3.000 Juden schlossen sich der Widerstandsbewegung an, und Juden in Bosnien sowie dem restlichen Jugoslawien kämpften an vorderster Front. So war der serbische Jude Moshe Pijade Marschall Titos rechte Hand. Elf jugoslawische Juden wurden am Ende des Kriegs zu National- helden ernannt, vier von ihnen waren aus Sarajewo. Centropa hat die Geschichte eines dieser jüdischen Soldaten verfilmt: Beno Ruso aus Bitola, der bei Kriegsende den Rang eines Generals bekleidete.

Hana Gasic

Centropa interviewte Hana Gasic 2006 in Belgrad.

Hana wurde 1940 in Sarajewo geboren. Das Foto zeigt Hanas Großvater mit traditionellem Fes und ihre Großmutter mit sephardischer Kopfbedeckung.

Hanas Vater arbeitete in einer Schneiderei. Sein Chef, der Kroate Gavro Perkusic, beschützte Hanas Familie während des Zweiten Weltkriegs. Als er von einer Durch- suchungsaktion erfuhr, die Juden und Serben betraf, versteckte er Hanas Vater. Als Hana, ihre Mutter und ihr Bruder in Straflager deportiert wurden, gelang es Gavro Perkusic, ihre Entlassung aus den Lagern durchzusetzen. Für seine Rettungstat ehrte ihn die israelische Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem später als „Gerechten unter den Völkern”.

Aber auch andere kamen Hanas Familie zu Hilfe. Während des Kriegs lebte die Familie auf der Anhöhe eines Hügels in einer großteils muslimischen Gegend Sarajewos. Immer wenn deutsche oder kroatische Soldaten auf der Suche nach Juden waren, riefen ihnen die muslimischen Frauen aus der Nachbarschaft zu, dass sie sich den Weg hinauf sparen könnten, da hier keine Juden seien. So überlebte Hana den Krieg in Sarajewo. Nach dem Krieg heiratete sie Miroslav Gasic und zog nach Belgrad.

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Djakovo ist eine kroatische Stadt in der Nähe von Osijek. Etwa 2.600 jüdische Frauen und Kinder, die meisten davon aus Sarajewo, wurden nach Djakovo deportiert. 556 Frauen und Kinder starben dort an Krankheiten oder Hunger. Der Friedhofswärter, ein (deutschstämmiger) Kroate namens Stefan Kolb, begrub jeden einzelnen Toten und hielt dessen Name und Bestattungsplatz fest. Nach dem Krieg wurde jedes Grab markiert.

Die 2.000 Frauen und Kinder, die Djakovo überlebten, wurden nach Stara Gradiska und Jasenovac weiterdeportiert. Fast niemand kehrte zurück.

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Am 6. April 1941 begann der Angriff Nazi-Deutschlands auf das Königreich Jugoslawien. Die Kapitulation Jugo- slawiens folgte 15 Tage später. Sarajewo wurde von deutschen Truppen besetzt und Teil des „Unabhängigen Staates Kroatien”, einem Vasallenstaat der Achsenmächte unter der Herrschaft der faschistischen Ustasha.

Die alte türkische Festung von Vraca mit Blick auf Sarajewo wurde nach 1945 in eine Gedenkstätte zu Ehren jener Bewohner Sarajewos verwandelt, die während des Zweiten Weltkriegs getötet wurden. Viele von ihnen wurden in Konzentrationslager wie Stara Gradiska, Djakovo und Jasenovac deportiert.

Das Mahnmal listete die Namen von 10.000 Opfern und deren Alter. Bei den Toten handelte es sich größtenteils um sephardische Juden. (Die Namen Abinun und Atijas sind traditionelle sephardische Familiennamen.) Während der Belagerung Sarajewos von 1992 bis 1995 diente Vraca den bosnisch-serbischen Streitkräften als Geschützstellung und alle Namen auf den Mauern wurden zerstört.

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VON 1945 BIS 1991
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Treffen der jüdischen Jugend im Gemeindezentrum von Zagreb im November 1988. Es gab viele solcher Treffen in Jugoslawien. Oft lebten die Teenager in Gemeinden mit nur zwei oder drei jüdischen Familien, daher waren diese Treffen sehr wichtig. Links sieht man Eliezer Papo aus Sarajewo, zusammen mit Dani Ovadija, ebenfalls aus Sarajewo. Eliezer wurde später Historiker und zog nach Israel. Dani arbeitet heute als Architekt in London. Im weißen Sweatshirt sieht man Zlatica Altarac, und über Danis Schulter sieht man Moreno DeBartoli.

Jüdisches Leben in Jugoslawien

Die meisten jüdischen Gemeinden in Jugoslawien hatten nach dem Zweiten Weltkrieg kaum genügend Mitglieder, um weiterhin zu funktionieren. Wo einst Aschkenasim und Sephardim getrennte Organisationen hat- ten, wurden diese Gemeinden nun zusam- men gelegt.

Die Hälfte der Überlebenden (darunter auch religiöse und zionistische Juden) zog es vor, nach Israel und in den Westen zu emigrie- ren, statt in Titos kommunistischem Jugosla- wien zu bleiben. Zurück blieben etwa 7.000 registrierte Juden: in den größeren Gemein- den in Zagreb, Belgrad und Sarajewo sowie in den kleineren Gemeinden in Skopje, Novi Sad, Split, Osijek und in einigen anderen Städten.

Während der Jahrzehnte der Einparteien- herrschaft waren die jüdischen Gemeinden nur begrenzt religiös tätig, aber sie waren sehr aktiv in ihrer sozialen und kulturellen Arbeit. So entstand – und dies ist in Mit- tel- und Osteuropa einzigartig – ein starkes Identitätsgefühl unter jenen Familien, die jü- disch sein wollten.

In den Gemeinden gab es keinen Streit darüber,„wer Jude war“; wenn Interesse be- stand, konnten auch Personen beitreten, deren Mütter nicht jüdisch waren. Jüdische Jugendclubs schufen enge Verbundenheit, und das Sommerlager in Pirovac (heute Kro- atien) war jeden Sommer ein Magnet für die jungen Juden und auch für ihre Familien.

Treffen der jüdischen Jugend im Gemeindezentrum von Zagreb im November 1988. Es gab viele solcher Treffen in Jugoslawien. Oft lebten die Teenager in Gemeinden mit nur zwei oder drei jüdischen Familien, daher waren diese Treffen sehr wichtig. Links sieht man Eliezer Papo aus Sarajewo, zusammen mit Dani Ovadija, ebenfalls aus Sarajewo. Eliezer wurde später Historiker und zog nach Israel. Dani arbeitet heute als Architekt in London. Im weißen Sweatshirt sieht man Zlatica Altarac, und über Danis Schulter sieht man Moreno DeBartoli.

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Der Zerfall

All dies kam 1990 mit dem Zerfall Jugoslawiens in einzelne Staaten zu einem hässli- chen Ende, und es wurde beinahe unmög- lich, einander zu besuchen. Die Wirtschaft brach zusammen, und mit dem drohenden Krieg vor Augen verließen viele Juden das Land.

Olivera Cirkovic, die ihr ganzes Leben in Serbien verbracht hatte, fasste ihre Beweg- gründe so zusammen:„Als Jugoslawien nicht mehr bestand, lebte ich plötzlich in ei- nem nationalistischen Serbien. Also dachte ich mir, dass ich genauso gut eine jüdische Nationalistin sein kann und nahm meine Kinder mit nach Israel.“ Dr. Bibi Herdlinger aus Sarajewo sagte:„In meinem Haus war ein Nachbar plötzlich Kroate, der nächste Serbe, der nächste Muslim. Also nahm ich meinen Sohn, fuhr nach Griechenland und machte Aliyah nach Israel. Ich nahm sogar mein winziges Auto mit auf die Fähre und fuhr damit in Haifa vom Schiff. Man sagte mir, ich sei die einzige Person, die Aliyah in einem Yugo machte.“

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Moric Levi und seine Tochter Solcika aus Sarajewo besuchen die Gedenkstätte des ehemaligen Konzentrationslagers in Djakovo, wo ihre Familien im Zweiten Weltkrieg zu Tode hungerten.

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Die Synagoge von Sarajewo. Diese aschkenasische Synagoge wurde im maurischen Stil errichtet, damit sie in die sephardische Gemeinde hineinpasst. Nach 1945 wurde die Synagoge zwei- geteilt. Dies ist die obere Etage – der ehemalige Bereich für Frauen, der jetzt die Synagoge beherbergt. In der Etage darunter wurde der Rest der Synagoge zu einem Sozialraum umfunktioniert.

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Foto-Club im Gemeinde- zentrum in Sarajewo. Von links nach rechts: Dado Papo, Aron Kamhi, Djordje Tokic. Hinten: Salom Albahari, Gordin Zupkovic und rechts, Igor Hamovic.

Milan Hamovic und Rosita Danon im jüdischen Sommerlager in Pirovac, Juli 1988. Sie heirateten und wanderten kurz nach Beginn des Bosnienkriegs nach Israel aus.

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Dunja Sprajc aus Zagreb singt und tanzt mit Kindern im jüdischen Sommerlager in Pirovac. August 1988.

DIE BELAGERUNG
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Die Ecke, an der der serbische Nationalist Gavrilo Princip das Attentat auf den österreichischen Erzherzog Franz Ferdinand und seine Frau Sophie Chotek verübte. Die Tafel an der Wand und die Fußabdrücke am Boden erinnern an das Attentat. Foto aufgenommen im Juli 1988.

Die gleiche Ecke im November 1993.

Die Universitätsbibliothek in Sarajewo, die um die Jahrhundertwende von Österreich-Ungarn als Rathaus gebaut worden war. August 1988.

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Die Universitätsbibliothek im November 1993.

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„Wenn wir nur ein wenig mehr Essen hätten, wäre es wie im 2. Weltkrieg.“

Ljerka danon

Es war in Sarajewo unmöglich, sich vor Mörsern und Heckenschützen zu verstecken. Dieses Wohngebäude befindet sich im Zentrum Sarajewos. Eine Familie saß beim Mittagessen, als ein Mörser im Wohnzimmer einschlug. Die gesamte Familie kam ums Leben.

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Todesanzeigen in der Oslobodenje-Zeitung.

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Da für viele Bewohner Sarajewos die Wasserversorgung nicht gesichert war, stellte die Stadtverwaltung an einigen öffentlichen Plätzen Wasserleitungen zur Verfügung. Hier wuschen die Bewohner ihre Wäsche und holten Wasser zum Kochen, Putzen und Toilettenspülen. Januar 1994.

Wasser wird nach Hause gebracht. Januar 1994.

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Frau Wagenstein verbrennt einige Bücher und Zeitungen in ihrer Wohnung in Sarajewo. Wie die meisten Leute hatte sie sich einen Metallofen besorgt. Sie und ihr Gatte kochten und schliefen im Wohnzimmer. „Gott sei Dank war ich Marxist“, sagte ihr Gatte, Dr. Wagenstein: „Die Marx-Bücher brennen ewig.“

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DIE GEMEINDE HILFT
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Srdjan Gornjakovic unter­ sucht einen Patienten in seiner Praxis.

Donka Nicolic war während der Belagerung über 90 Jahre alt. Auf diesem Bild bekommt sie gerade eine Spritze von Srdjan Gornjakovics Assistentin Micki.

54 Freiwillige,
1 Suppenküche,
300 Mahlzeiten täglich,
1 Klinik,
3 Apotheken.

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„La Benevolencija” half während der Belagerung Sarajewos, das Elend der Bevölkerung zu lindern. Orthodoxe Serben, bosnische Muslime, katholische Kroaten und Juden fanden hier Unterstützung.

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Sonntägliches Jugendprogramm im Gemeindezentrum. Dezember 1993.

Mitglieder vom Frauenverein „La Bohoreta” bereiten Süßigkeiten für die Kinder vor. Januar 1994

Vlado, einer der Freiwilligen, entlädt einen Warentransport vor dem Gemeindezentrum. November 1993.

Jede Woche kam ein Zahnarzt, um mit Füllungen und künstlichen Gebissen zu helfen. „Ich weiß, wem diese Zähne gehören, aber ich versprach, es nicht weiterzuerzählen.“

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Die Sarajewo-Haggada

Seit mehr als tausend Jahren verwenden jüdische Familien am Sederabend (zirka zur Osterzeit) eine Haggada, um beim Abend- essen die Geschichte des Auszugs aus Ägypten zu erzählen. Die 650 Jahre alte, aus Spanien stammende Sarajewo-Haggada wurde auf feinstem Pergament gemalt und mit Blattgold verziert.

Wie das Buch genau nach Sarajewo gelangte, bleibt ein Rätsel; es ist lediglich bekannt, dass es 1894 an ein Museum in Sarajewo verkauft wurde. Da Bosnien da- mals zu Österreich-Ungarn gehörte, wurde das Buch nach Wien geschickt, wo es vom Kunsthistorischen Museum zu einem mit- telalterlichen Meisterwerk erklärt wurde.

Am Beginn jeder Haggada stehen die Worte:„Lass alle, die hungrig sind, kommen und essen. Lass alle, die der Hilfe bedürfen, kommen und Pessach mit uns feiern.“

Während der Belagerung Sarajewos, die von 1992 bis 1995 andauerte, wurden diese Worte zum Motto der jüdischen Hilfsorganisation„La Benevolencija“. So dauerte Pessach damals in Sarajewo nicht wie üblich acht Tage, sondern drei Jahre.

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Dieses Foto wurde im April 1995 aufgenommen, als der bosnische Präsident Alija Izetbegović am Sederabend in der Synagoge in Sarajewo teilnahm. Es zeigt die legendäre Haggada von Sarajewo.

Obwohl einige Nationalisten versuch­ ten, einen Keil zwischen die verschie­denen ethnischen Gruppierungen zu treiben, sahen sich die meisten Bosnier – insbesondere in Sarajewo – nicht als Muslime, Kroaten oder Serben, sondern sie empfanden sich als Teil einer gemeinsamen Kultur. Das jüdische Erbe Sarajewos, das durch die Haggada symbolisiert wird, war den Bewohnern Sarajewos genauso wichtig wie das kulturelle Erbe der muslimischen, serbischen und katholischen Bevölkerung. Dies machte die kulturelle Vielfalt Bosniens aus, welche die Nationalisten zerstören wollten.

Während der Belagerung führte Timur das Logbuch des Funksprech­ geräts der jüdischen Gemeinde.

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Der Raum mit dem Funksprechgerät war mit den jüdischen Gemeindezentren in Belgrad und Zagreb verbunden. Familien aus ganz Sarajewo kamen, um es zu benutzen.

Ein Schild über dem Apothekentresen:

„Unsere Ärzte raten davon ab,
über Politik zu reden,
da dies gesundheitsgefährdend sein kann.“

Während der Belagerung verteilte „La Benevolencija“ kostenlose Medikamente in drei Apotheken.

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DIE HELFER
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Die Helfer

Als Jugoslawien in den späten 1980er Jahren zu zerfallen begann, konnte man die Bevölkerung in zwei Gruppen unter- teilen: jene, die sich vom nationalistischen Sog mitreißen ließen, und jene, die dies nicht taten.

Die jugoslawischen Juden waren in Titos Vielvölkerstaat verhältnismäßig gut zurecht gekommen, und einige unkten, dass die Juden die letzten echten Jugoslawen seien, aber dies ist nicht korrekt. Viele Leute in jedem Winkel des Landes – von Slowenien bis Mazedonien – bevorzugten ebenfalls, in einem Vielvölkerstaat zu leben, statt nach Religion und Ethnizität getrennt zu sein.

Insbesondere Sarajewo galt als eine multikulturelle Stadt. Zwar haben Reporter und Intellektuelle während des Bosnienkriegs das multikulturelle Zusammenleben oft etwas zu rosig beschrieben, aber großteils kamen die verschiedenen Kulturen in Sarajewo wirklich gut miteinander aus.

Als 1992 der Bosnienkrieg begann, flohen viele Serben und Kroaten aus der Stadt. Andere blieben allerdings in Sarajewo, und viele Familien waren ethnisch gemischt.

Sarajewos jüdische Gemeinde war seit langem von allen Seiten als unparteiisch angesehen worden, und jene, die zur freiwilligen Arbeit ins Gemeindezentrum kamen, ließen ihre politische Ansichten draußen.

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Wer von denen, die bei „La Benevolencija“ mithalfen, war jüdisch, muslimisch, kroatisch- katholisch oder serbisch-orthodox?

Keiner fragte, denn es spielte keine Rolle.

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Als eines Nachts Strom verfügbar war, drückte jemand Novo eine Videokassette in die Hand. Als er sie einlegte, meinte er:„Ich hoffe nur, dass es kein Kriegsfilm ist.“„Warum?“ fragte jemand. Novo schüttelte seinen Kopf und murmelte:

„Wer will schon Amateure sehen?“

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Novo arbeitete im Lagerhaus

Djuro, Nada und Boro leiteten das Lebensmittellager

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Ein Flüchtling kam nach Sarajewo und fragte nach Hilfe. Ein Mann auf der Straße sagte:

„Geh zur Synagoge, dort werden sie Dir helfen. Und wenn sie Dir nicht helfen können, dann hören sie Dir zumindest zu.“

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Der Beginn

Am ersten Tag des Beschusses von Sarajewo kamen mehrere Familien aus der Nachbarschaft auf der Suche nach Zuflucht ins jüdische Gemeindezentrum gerannt.
Tzitzko, der ein Café in Sarajewo betrieben hatte, servierte den Hilfesuchenden Suppe. Decken und Medikamente wurden ausgeteilt. Am nächsten Tag gingen die meisten Leute wieder heim, aber sie kamen zum Essen zurück ins Gemeindezentrum. Es wurden auch kostenlose Apotheken eingerichtet.

Vlado installierte ein Funksprechsystem und kommunizierte mit den jüdischen Ge- meinden in Zagreb und Belgrad. Sonja leitete den Frauenclub„La Bohoreta“. Der Arzt Srdjan behandelte seine Patienten zu- sammen mit Mirjana, Jasna und Micki.

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EXODUS
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Rettungskonvois

Zwischen 1992 und 1995 organisierte „La Benevolencija“ elf Rettungskonvois, die vom American Jewish Joint Distribution Committee (JDC) finanziert wurden.

Die ersten zwei Rettungskonvois fanden zu Beginn der Belagerung Sarajewos im Frühling 1992 statt, als man mit Hilfe der serbisch-jüdischen Gemeinde Flugzeuge der jugoslawischen Armee mietete, nach Sarajewo und anschließend retour nach Belgrad schickte. Die nächsten Konvois wurden zusammen mit der kroatisch-jüdischen Gemeinde arrangiert und brachten die Passagiere nach Zagreb.

Der letzte und größte Konvoi wurde vom JDC,„La Benevolencija“ und der kroatisch-jüdischen Gemeinde organisiert. Er verließ Sarajewo am 5. Februar 1994 mit 294 Personen verschiedener Religionen und Nationalitäten. 116 von ihnen gehörten der jüdischen Gemeinde an.

Danilo Nikolic von der jüdischen Gemeinde in Sarajewo bei Verhand­lungen mit dem bosnisch­serbischen Offizier Brane im Hauptquartier von Pale.

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Jakob Finci von der jüdischen Gemeinde in Sarajewo begrüßt französische UN­Mitarbeiter im Gemeindezentrum, um die Route des Konvois zu besprechen.

Eli Eliezer vom JDC begutachtet ge­ meinsam mit dem bosnischen Premier Haris Silajdžić den Konvoi.

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Am Morgen der Abfahrt des Konvois bringen Leute ihr Gepäck zur Synagoge.

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Nada Bojanic (links) verabschiedet sich von ihren Kindern, die Sarajewo mit dem Konvoi verlassen werden.

„La Benevolencija“ organisierte 11 Rettungskonvois, die insgesamt 2300 Bewohner Sarajewos in Sicherheit brachten.

Einer der sechs Busse auf dem Weg über den Flughafen von Sarajewo, mit gepanzerten UN­Eskorten. Februar 1994s

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Beim Einsteigen in die Busse. Abschiednehmen von Angehörigen.

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MUSLIME UND JUDEN

Zeyneba Hardaga

Zeyneba und ihr Gatte Mustafa waren tra­ ditionelle Muslime. Zeyneba verließ das Haus nie ohne Schleier. Mustafa hatte eine Fabrik in Sarajewo. Außerdem vermietete er Räume, und einer seiner Untermieter war der jüdische Klempner Josef Kabiljo.

Als der Zweite Weltkrieg 1941 auch Jugo­ slawien erreichte, versuchte Josef vergeb­ lich aus Sarajewo zu fliehen. Da er nicht in seine Wohnung zurückkehren konnte, klopfte er an die Tür der Hardagas, die ihn aufnahmen. Mustafa sagte:„Seine Freunde lässt man nie im Stich.“

Josef Kabiljo wurde dennoch von den kroatischen Faschisten, den Ustasha, ge­ fasst. Während seiner Gefangenschaft erhielt er Essenspakete von den Hardagas. Sie versteckten außerdem nicht nur den Familienschmuck für die Kabiljos, sondern schickten auch Geld an jene Mitglieder der Kabiljo­Familie, die aus Sarajewo geflohen waren.

Josef gelang es schließlich aus der Ge­ fangenschaft zu fliehen. Nach dem Krieg kehrte er zurück, um den Hardagas zu danken. Er zog nach Israel und erzählte Yad Vashem, Israels Holocaust Museum, von seinen mutigen muslimischen Nachbarn. 1985, lange nachdem Mustafa verstorben war, wurde Zeyneba nach Israel eingeladen, wo sie in Yad Vashem als Gerechte unter den Völkern geehrt wurde.

Im Bosnienkrieg der 1990er Jahre war Zeyneba selbst auf Rettung angewiesen.

Der Staat Israel bot Zeyneba, ihrer Tochter Aida und ihrem Schwiegersohn Branimur sowie Enkelin Stela an, nach Israel zu kom­ men. So verließ die Familie ihre Heimat Sarajewo mit dem Rettungskonvoi im Februar 1994.

Als Zeyneba in Israel ankam, erhielt sie eine Einladung zu einem Treffen mit Israels da­ maligen Premierminister Jitzchak Rabin. Als sie sich bei ihm bedankte, erwiderte dieser: „Nein, wir müssen Ihnen danken.“

Nach der Zeremonie sagte Zeyneba den Journalisten, dass sie schnell nach Hause gehen und sich für den Shabbat vorberei­ ten sollten.

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Der serbische Arzt Srdjan Gornjakovic, der als freiwilliger Mitarbeiter für die „La Benevolencija“ tätig war, küm- mert sich um Zeyneba.

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„Komm mich in Jerusalem besuchen, Zeyneba, sitz mit mir in meinem Garten und lass uns über die alten Zeiten vor dem Krieg in Sarajewo sprechen.“

Brief von Josef Kabiljo an Zeyneba Hargada

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Zeyneba Hardaga wird vom JDC-Präsidenten Milton Wolf an der kroatischen Küste begrüßt.

Zeyneba Hardaga präsentiert ihre Auszeichnung als „Gerechte unter den Völkern“.

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Zeyneba Hardaga trifft den ehemaligen Premierminister Israels Jitzchak Rabin.

DENNIS

Dennis Karalic

Denis wurde 1980 als Kind eines bosnischen Muslimen und einer polnischen Katholikin in München geboren. Als sich seine Eltern 1985 scheiden ließen, nahm Haris Karalic seine Söhne mit nach Kroatien und später nach Bosnien, wo er als Bauingenieur arbeitete. Während seiner Tätig­ keit in Sarajewo wurde seine Familie in der belagerten Stadt eingeschlossen. Denis’ Bruder gelang die Flucht. Denis und sein Vater blieben in Sarajewo und mieteten ein Zimmer von Nada Levy, einem Mitglied der jüdischen Gemeinde.

Denis und Nadas Enkel, Rasho Bozovis, wurden beste Freunde. Rasho war Serbe, Denis Muslim, und gemeinsam arbeiteten sie als Wasserträger für die jüdische Gemeinde.

Als Denis eines Tages im Januar alleine in Nadas Wohnzimmer saß, hörte er eine Mörsergranate und rannte zum Fenster, als diese vorüberflog. Sekunden später traf eine zweite Mörsergranate das Haus von Nada und zerbrach ein Fenster. Denis wurde durch den Raum gegen die Wand geschleudert. Wäre er wenige Zentimeter weiter links gestanden, hätte die Granate ihm den Kopf weggerissen.

Rashos Eltern, Djuro und Natalia, boten an, Denis mit auf den JDC Rettungskonvoi im Februar 1994 zu nehmen. Sie fanden Unterkunft in einem israelischen Auffanglager, und Denis blieb bis zum Sommer 1999 in Israel, wo er die Schule in Yemin Orde, einem Internat bei Haifa, abschloss. Nach einem kurzen Aufenthalt in Atlanta zog Denis nach Wien, wo er mehr als 10 Jahre im Archiv des Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus arbeitete. Heute ist er im Jüdischen Museum Wien tätig.

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Denis wurde bei einem Mörser- angriff im Januar 1994 leicht verletzt. Srdjan entfernt die Glassplitter aus seiner Schulter und dem Rücken.

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Denis im Bus, bei der Abfahrt aus Sarajewo, Februar 1994.

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Denis Karalic in Tel Aviv 1995.

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